Die 10 besten Serien unseres Jahrzehnts


Wir haben gewählt: Hier sind die besten Serien der vergangenen Jahre. Mit Spionen, Hackern und natürlich Drachen – auch wenn sie es nicht auf den ersten Platz geschafft haben. – von Gunther Reinhardt

8. The Newsroom

In „The Newsroom“ übernimmt Jeff Daniels die Rolle des Nachrichtensprechers Will McAvoy.
In „The Newsroom“ übernimmt Jeff Daniels die Rolle des Nachrichtensprechers Will McAvoy.

USA, 2012-2014, mit Jeff Daniels, Emily Mortimer, John Gallagher Jr.

Will McAvoy ist stoned. Ausgerechnet am 2. Mai 2011. Es ist der Tag, an dem Barack Obama verkünden wird, dass die Navy Seals Osama bin Laden erschossen haben. ACN-Anchorman McAvoy hetzt von einer Party ins Studio, faselt fröhlich Blödsinn – und seine Redakteure müssen ihm Zettel mit der Aufschrift „Osama = Bad“ und „Obama = Good“ hinlegen, damit er die Namen nicht verwechselt. Doch das Wunder geschieht: Als „News Night“ auf Sendung geht, und McAvoy – ein paar Minuten bevor Obama ans Pult tritt – seinen Zuschauern bereits verrät, dass bin Laden tot ist, hat er sich auf einmal in den souverän-seriösen Nachrichtenmann zurückverwandelt.

Aaron Sorkin, der sich McAvoy und die HBO-Serie „The Newsroom“ ausgedacht hat, ist ein ziemlicher Besserwisser. Einer, der einem schon die Politik („The West Wing“) oder das Internet (Drehbuch für „The Social Network“) erklärt hat, und der jetzt weiß, wie Journalismus geht. „The Newsroom“ erzählt aus dem Alltag einer TV-Nachrichtenredaktion, vom Idealismus und von moralischer Integrität. Doch weil keiner so kunstvoll schlaumeiert wie Sorkin, verzeiht man ihm den erhobenen Zeigefinger jedes Mal.

Auf insgesamt drei Staffeln bringt es die Serie „The Newsroom“, die auch – wie in „Ally McBeal“ – das After-Work-Geschehen beleuchtet. Jeff Daniels war nie besser als in der Rolle des jovialen Anchormans Will McAvoy. Dieser steht zwar im Zentrum der Serie, die sich gerne auch an realen News-Storys abarbeitetet – von der Ölpest im Golf von Mexiko bis Fukushima, doch Sorkins Serie ist vor allem ein brillantes Ensembledrama. „The Newsroom“ bringt virtuos das Politische und das Private, die Geschichten der viel zu netten Redakteurin Maggie (Alison Pill), der viel zu hübschen Wirtschaftsexpertin Sloan (Olivia Munn) und ihres viel zu guten Chefs Charlie (Sam Waterston) durcheinander.

7. Unbreakable Kimmy Schmidt

Trotz jahrelanger Entführung kann Kimmy (Ellie Kemper) nichts etwas anhaben.
Trotz jahrelanger Entführung kann Kimmy (Ellie Kemper) nichts etwas anhaben.

USA, seit 2015, mit Ellie Kemper, Tituss Burgess, Carol Kane

I learned a long time ago that a person can stand just about anything for ten seconds, then you just start on a new ten seconds. All you’ve got to do is take it ten seconds at a time.“ Kimmy Schmidt hatte ausgiebig Gelegenheit, bis zehn zu zählen. Sie war 15, als sie von Richard Wayne Gary Wayne, der seine eigene Weltuntergangssekte gegründet hatte, entführt und mit drei anderen Frauen in einem Bunker gesperrt wurde. 15 Jahre später werden sie befreit, die Welt ist nicht untergegangen und Kimmy beginnt in New York ein neues Leben.

Tina Fey, die TV-Zuschauern sieben Jahre lang mit „30 Rock“ sehr viel Spaß gemacht hat, lässt jetzt die unkaputtbare Kimmy Schmidt (Ellie Kemper) auf New York City los. Wie dieses daueroptimistische Stehaufmädchen, das die vielen Jahre als Maulwurfsfrau in Indiana („Yes, there was weird sex stuff in the bunker“) scheinbar völlig unbeschadet überstanden hat, sich neugierig und unvoreingenommen auf die neue Situation einstellt, Missverständnisse in neue Verabschiedungsrituale verwandelt („Troll The Respawn, Jeremy!“) und metropolitane Absurditäten entlarvt, ist einfach grandios. Sie erweist sich dabei (nicht nur wegen ihres Namens) als eine Verwandte von James Stewart in Frank Capras „Mr. Smith geht nach Washington“, aber auch als ein Pendant zu Peter Sellers in Hal Ashbys „Wilkommen Mr. Chance“ – eine Frau, die ihr Weltwissen aus dem Fernsehen und für jede Lebenslage eine Patentlösung hat.

Und kaum hat man sich daran gewöhnt, wie „Unbreakable Kimmy Schmidt“ die Großstadtneurosen der Lächerlichkeit preisgibt, macht diese herrlich mit Popkulturverweisen verzierte Satire einen Ausflug nach Indiana und verwandelt sich zu einer bizarren Provinzposse, bei der einem kuriose Gastauftritte beschert werden: In der entzückendsten und komischsten Serie dieses Jahrzehnts spielt Jon Hamm („Mad Men“) den vor Gericht stehenden Entführer Richard Wayne Gary Wayne und Tina Fey mimt mit gruseliger Minipli-Frisur die absolut unfähige Anklägerin.

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