Die 10 besten Serien unseres Jahrzehnts


Wir haben gewählt: Hier sind die besten Serien der vergangenen Jahre. Mit Spionen, Hackern und natürlich Drachen – auch wenn sie es nicht auf den ersten Platz geschafft haben. – von Gunther Reinhardt

6. Borgen – Gefährliche Seilschaften

Brigitte Nyborg (Sidse Babett Knudsen) wird Premierministerin und muss mit den Folgen der Macht umzugehen lernen.
Brigitte Nyborg (Sidse Babett Knudsen) wird Premierministerin und muss lernen was es heißt Macht zu besitzen.

Dänemark, 2010-2013, mit Simse Babett Knudsen, Brigitte Hjort Sørensen, Søren Malling

Kannst du die Macht übernehmen und dir dennoch treu bleiben? Diese Frage bildet den Kern der dänischen TV-Serie „Borgen“ (2010-2013), die zum Besten zählt, was das europäische Fernsehen in diesem Jahrzehnt hinbekommen hat.

Adam Price erzählt in den auf drei Staffeln verteilten 30 Episoden von Birgitte Nyborg (Sidse Babett Knudsen), die unverhofft dänische Premierministerin wird und feststellen muss, wie schwer es ist, sich nicht die Hände schmutzig zu machen. Es geht dabei um die Verflechtung zwischen Medien und der Politik, um Korruption und Machthunger; Intrigen und Skandale werden mal abgewehrt, mal erfunden. Und spätestens wenn ein US-Flugzeug mit Guantánamo-Häftlingen auf Grönland notlanden muss, scheitert die Idealistin Nyborg an den realpolitischen Zwängen.

Was bleibt, ist das Streben nach Wahrhaftigkeit. Adam Price will in „Borgen“ die Mechanismen der Macht offenlegen, erfindet einen humanistischen Gegenentwurf zu der US-Serie „House Of Cards“: Während der machthungrige Underwood über Leichen geht, ist Nyborg nicht bereit, die Moral der Macht zu opfern. Dieses Ethos wird nicht nur auf politischer Ebene, wenn Nyborg mit Verbündeten und Widersachern verhandelt, sondern auch in den Zeitungs- und Fernsehredaktionen auf die Probe gestellt. Die Frage, ob einem Qualitätsjournalismus oder die Einschaltquote wichtiger ist, thematisiert „Borgen“ anhand von Nyborgs Gegenpart, der Journalistin Katrine Fønsmark (Birgitte Hjort Sørensen), die erst für den Fernsehsender „TV1“ und dann für die Zeitung „Ekspress“ arbeitet.

Die europäischen TV-Sender haben den Qualitätsserien aus den USA in diesem Jahrzehnt wenig entgegenzusetzen. Während sich Deutschland, immerhin einer der größten TV-Märkte der Welt, trotz Ausnahmen wie „Weissensee“ und „Deutschland 83“ schwer mit internationalen Qualitätsstandards tut, mischt neben Großbritannien („Downton Abbey“, „Sherlock“) nur Skandinavien wirklich erfolgreich im Quality-TV-Geschäft mit. Und „Borgen“ ist das beste Beispiel dafür.

5. Homeland

Anfangs noch verdächtig: Nicholas Brody (Damian Lewis) muss gegenüber von Carrie Mathison (Claire Danes) erst seine Unschuld beweisen.
Anfangs noch verdächtig: Nicholas Brody (Damian Lewis) muss gegenüber Carrie Mathison (Claire Danes) erst seine Unschuld beweisen.

USA, seit 2011, mit Claire Danes, Damian Lewis, Mandy Patinkin

Das Kino kann sich an der Weite der Landschaft, am endlosen Horizont berauschen, sich mit spektakulären Kamerafahrten in die Welt hinabstürzen. Das Fernsehen ist dagegen auch im Zeitalter hochauflösender Bilder immer noch dann am besten, wenn es nicht die Weite, sondern die Enge sucht, wenn es ganz nah dran ist am Empfinden seiner Protagonisten. Selten war Fernsehen deshalb besser als im Finale der ersten Staffel der US-Thrillerserie „Homeland“.

Nicholas Brody (Damian Lewis) ist ein Sergeant der US-Armee, der 2003 im Irak gefangen genommen und gefoltert wurde, und viele Jahre allein in einem trostlosen Verließ verbracht hat. Acht Jahre später befreit ihn zwar ein Einsatzkommando, doch Brody ist nicht mehr der Mann, der er einmal war. Er gilt zwar nach seiner Rückkehr als Held, die CIA-Agentin Carrie Mathison (Claire Danes) misstraut ihm aber, glaubt, dass er nun selbst ein Al-Qaida-Terrorist ist und einen Anschlag plant. Und so kommt es, dass Brody im Finale der ersten „Homeland“-Staffel erneut eingesperrt ist. Zusammen mit der gesamten US-Polit-Elite ist er nach einem missglückten Attentat in einen Bunker geflohen. Es ist kaum zu ertragen, die psychischen Qualen mitanzusehen, die Brody erleidet.

Die erschütternde Bunker-Szene hat Damian Lewis 2012 den Emmy als bester Hauptdarsteller in einer Dramaserie eingebracht. Die Szene ist bis heute der erschütterndste Moment der Serie, die auf der israelischen TV-Produktion „Hatufim“ beruht und drastisch den Common Sense der US-amerikanischen Gesellschaft infrage stellt. „Homeland“ wagt die Auseinandersetzung mit dem Terrorismus, mit Al-Qaida, mit der Bespitzelung der eigenen Bevölkerung unter dem Vorwand der Gewährleistung der eigenen Sicherheit und hat sogar die Courage, die Rollen von Gut und Böse nicht ganz so eindeutig zu verteilen, wie sich das die meisten US-amerikanischen Politiker wünschen würden. Zwar muss „Homeland“ seit der vierten Staffel ohne Damian Lewis auskommen, doch zum Glück ist auch Claire Danes CIA-Agentin Mathison innerlich zerrissen.

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Esben Salling Scanpix
20th Century Fox