Popkolumne, Folge 91

„Drink doch kene met!“: So verlief Paulas straight edgeige Popwoche


... übers Saufen, Amerika, eine Serie und ein Buch.

Ich hab‘s versucht, Leute. Da war noch diese Flasche Weißwein, die mir jemand nach einer Lesung geschenkt hatte (im August!) und ich dachte, komm, jetzt und hier, ein letzter Versuch: alleine trinken. Zwei Gläser immerhin schaffte ich bereits während des Videochats mit Freundinnen in der US-Wahlnacht, aber das war nicht wirklich allein. Also am nächsten Abend mit dem guten Buch nochmal. Ein paar Stunden vergingen, dann versuchte ich das Glas zu kippen, mir wurde schlecht, ich schüttete am nächsten Morgen den Rest weg. Ich werde keine am Schreibtisch saufende Schriftstellerin. Ich habe das Anti-Alkoholiker-Gen. Ich kann einfach nicht allein trinken, es schmeckt nicht. Die Wahrheit ist doch: Alkohol schmeckt gar nicht. Ich weiß, es ist ein Glück und ich werde es bewahren. Für euch!

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Sauf der Woche: ALAAAAF!!!

Gestern habe ich mal wieder das Haus verlassen und jemanden getroffen. In einer WG-Küche mit Abstand, Fenster auf und dem Zwei-Haushalte-Prinzip saßen wir zu dritt herum, drehten die Karnevalsplaylist auf Anschlag, bestellten Essen und schütteten uns ein Wodkagetränk nach dem anderen in die Rüstung. Zusammen geht noch. Das war ein bisschen traurig, aber auch sehr nett. In der Stadt (Köln, ihr ahnt es) patrouillierte die Polizei gründlich. Wenn man nur leicht schief lief, konnte man die Nacht quasi schon im Knast verbringen. Dementsprechend Mühe musste ich mir auf dem Heimweg geben. Ich sah trotzdem hier und da leere Wodkaflaschen, Gekotztes. Einzelne Kämpfer kämpften. Heimlich, unter ihren Mänteln trugen sie lustige Kostüme, unter der Maske muss der geschminkte Mund gewesen sein, heimliches Bützen gab es dann unter der Bettdecke, so wird es wohl gewesen sein. „Drink doch kene met“, hatte eine Frau im Radio noch am Morgen gesagt (war es Henriette Reker herself?), sie hatte kreativ eins der schönsten Karnevalslieder abgewandelt. Also wenn kreativ für superpeinlich steht. Ist auch egal, Coronaeindämmung ist jetzt das Wichtigste und in paar Jahren werden die Überlebenden wieder kotzend am Boden kriechen und ihr Portemonnaie suchen, wie toll ist es?

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USA der Woche: Stars für Joe Biden

Joe Biden hat die US-Wahl gewonnen und ich halte es mal mit diesem Meme:

Ja, ja, jaaa, es ist saugut, dass Trump jetzt wohl weg vom Fenster ist, aber man sollte sich nicht vormachen, das jetzt alles total geil wird. Neoliberalismus, Rassismus und Misogynie sind nicht over. Beziehungsweise werden sie das nur sein wenn man kritisch bleibt und jetzt nicht wieder wegschaut, wie es zum Beispiel während der Regierung Obamas lief, nur weil einem der amtierende Präsident so sympathisch oder das kleinere Übel ist. Hier gibt es eine Liste einiger Verfehlungen Bidens und auf diese Themen sollte man ein Auge haben, wenn man politisch sein mag. Gut und böse – so einfach ist es halt nicht. Auch wenn das in der Popwelt so wirkte.

Wie einig war man sich, an der Seite Bidens zu stehen, und das nicht ausschließlich weil man gegen Trump war. Einige verfingen sich genau in diesem Gut/Böse-Ding und zack wurde Biden zum Heiland. Sprachen sich berühmte Leute für Trump aus, hagelte es Kritik und es wirkte total weird; sich für Biden einzusetzen hingegen war irgendwann Usus – und das selten mit einem Aber, sondern oft kompromisslos. Gefühlt die ganze Popwelt war an Bord: Lady Gaga, Beyoncé, Ariana Grande, Taylor Swift, Cardi B, Madonna und viele viele mehr. Aber niemand übertrieb es so hart wie Cher. Meine Güte, Cher! Sie performte den Song „Happiness Is Just a Thing Called Joe“ bei einem „I Will Vote“ – Konzert und wow:

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Aber ja, bevor das untergeht: GEIL, TRUMP IST WEG VOM FENSTER, WOOP WOOP!

Serie der Woche: „This Is Us“

„Keine Serie mehr, keine Serie mehr, keine Serie mehr!!!“, das war mein Mantra der vergangenen Wochen. Ich wollte erstmal keine Serien mehr gucken, weil dann ist man für paar Tage wieder raus und ich will doch so gern mal Bücher lesen! Der riesige Stapel hier … Oder Sport machen … Shit, ich begann mit „This Is Us“, weil jemand gesagt hatte, da gäbe es eine gute Thematisierung von Dicksein, was ja selten gelingt. Und ja, es stimmt, aber es gibt noch tausende Themen mehr: Rassismus, Geschlechterrollen, Traumata, Krieg, Homosexualität, Elternschaft, Depression, Angststörung, Tod, Gewalt … oh mein Gott, einfach alles! Und das ohne dabei total aufregend zu sein, sondern als ganz normale Begleiter im Leben der Menschen, die in der Serie portraitiert werden.

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Es geht um eine Familie, die Pearsons, bestehend aus einem ungeheuer liebenswerten Vater, einer coolen, liebenden Mutter und ihren drei Kindern. Alle werden gezeigt in ihrem kompletten Leben, sie tauchen als Kinder auf und auch als alte Menschen, es wird durch die Zeiten geswitcht und damit gezeigt, warum wer wie geworden ist. Der Cast wird erweitert um die neuen Familien, die die Kinder gründen und ja, alles suggeriert: Das Leben ist ein großes Puzzle und alles hängt zusammen. Aber es stimmt und ich gehe dem ziemlich weit auf den Leim.

Dabei ist die Serie nicht immer einfach zu schauen, ich zumindest muss auch manchmal eine Pause machen oder gucke manchmal nur genervt oder gelangweilt halb hin, während ich „Subway Surfers“ auf dem Handy zocke, aber das ist alles okay in diesem Kosmos, das muss so. Unrealistisch finde ich nur, wie reflektiert wirklich alle sind, alles wird immer irgendwann aufgelöst und wie zur Hölle können die sich alle diese wunderschönen Wohnungen und Häuser leisten, obwohl sie teilweise prekären Jobs oder gar keinen Jobs nachgehen? Am Ende ist „This Is Us“ wahrscheinlich eher pädagogisch gemeint: Da schaut her, so kann es gehen, wenn ihr über eure Gefühle redet und die Rahmenbedingungen stimmen. Aber warum denn nicht? Ich zieh mir gleich noch die vierte Staffel in dieser Woche rein.

Buch der Woche: 1000 Serpentinen Angst

Etwa 30 Bücher liegen hier, die ich „ASAP“ gelesen haben wollte. In der letzten Woche habe ich geschafft: 1. Und dazu immer The Bangles gehört. Aber was für ein Buch das dafür war! Olivia Wenzels „1000 Serpentinen Angst“ kam schon im März raus und es kommt ab sofort in meinen Lesekanon, den ich Leuten vorbeten werde, sollte mal jemand danach fragen. Es geht um eine junge queere Schwarze Frau, die zwischen verschiedenen Orten umherwandelt, in Gedanken, aber auch wirklich – Thüringen, Berlin, Vietnam, USA, Marokko und dabei collagenartig Teile ihrer Lebensgeschichte durchlebt. Dazu gehören Rassismus, selbstverletztendes Verhalten, Liebe, Familie, Tod, politische Fragen und immer wieder die Angst. Ihre Sprache ist so schön poetisch und trotzdem null aufgesetzt, dass ich hoffe, dass da noch 1000 Bücher kommen. Die kämen dann ganz oben auf meinen Stapel.

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Alarmstufe Zombie-Trump vs. The Screenshots: Linus Volkmanns Popwoche im Überblick

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