Popgeschichte

Was wurde eigentlich aus… Echt?


Vor 20 Jahren erschien Echts zweites und bis heute erfolgreichstes Album FREISCHWIMMER. Danach wurde es still um die ehemalige Schülerband aus Flensburg. Was wurde aus Kim Frank und den weiteren Mitgliedern?

Es war eines der unschuldigsten, ehrlichsten und ambivalentesten deutschsprachigen (Anti-)Liebeslieder seiner Zeit: Im August 1999, also vor fast genau 20 Jahren, veröffentlichten Echt mit „Du trägst keine Liebe in dir“ die Leadsingle ihres zweiten Albums FREISCHWIMMER. Ein Song, der eine großorchestrierte Ballade war, inhaltlich aber von der Abwesenheit der Liebe erzählte und damit genau so zwischen den Stühlen stand wie seine Absender: Echt, das war doch diese Schüler-Boyband, die nicht als solche verstanden werden wollte und ein Jahr vorher mit „Alles wird sich ändern“ und „Wir haben’s getan“ den Soundtrack zur BRAVO-Foto-Love-Story geliefert hatte? Und die soll so plötzlich erwachsen geworden sein?

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Die Gruppe Echt, 1994 in Flensburg gegründet, war eigentlich schon immer eine Indiepop- und -rockband. Statt zu tanzen, spielten sie Gitarre, statt gecastet worden zu sein, kannten sich die Mitglieder von der Schulbank. Ihr Debütalbum ECHT wurde 1998 ein Achtungserfolg, die Videos zu den Bravo-Hits landeten in der VIVA-Rotation. Schon mit den ernsteren Folgesingles „Wo bist du jetzt?“ und „Fort von mir“ lösten sich Echt von dem Teenie-Image, das ihnen aufgedrückt wurde. Ihre Lieder schrieben sie trotzdem nur teilweise selbst; sie kamen, wenn nicht von Gitarrist Kai Fischer, zum Beispiel aus der Feder von Michel van Dyke. FREISCHWIMMER wurde, auch wegen der zweiten Single „Weinst du?“, Echts erfolgreichstes Album, erreichte Platz 1 der deutschen Charts und Gold-Status. Mit ihrem Rio-Reiser-Cover „Junimond“, im Juni 2000 auf dem Soundtrack von „Crazy“ erschienen, waren Echt noch einmal in aller Munde. Danach wurde es still um die fünf Zwanzigjährigen aus Flensburg: Ihr drittes Album REKORDER, zu Großteilen selbst geschrieben, hielt sich ab Oktober 2001 nur vier Wochen in den Charts. 2002 lösten sie sich auf.

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Sänger Kim Franks Karriere durchlief danach Höhen und Tiefen. Nach dem Ende von Echt hatte Frank finanzielle Probleme und verfiel zunehmend dem Alkohol und anderen Drogen, nachzulesen in seinem angeblich nicht, stellenweise sehr offensichtlich aber doch autobiographischen, 2011 erschienenen Romandebüt „27“. Der Protagonist der Geschichte weist viele Parallelen mit Franks Werdegang auf und hat Angst, dem berüchtigten „Klub 27“, also im Alter von 27 Jahren gestorbenen Musikern wie Janis Joplin, Jimi Hendrix, Jim Morrison und Kurt Cobain, beizutreten.

Was wurde eigentlich aus… Schnappi, dem kleinen Krokodil?

2005 spielte Kim Frank die Hauptrolle in Leander Haußmanns Komödie „NVA“. 2007 veröffentlichte er sein mäßig erfolgreiches Solodebüt HELLBLAU. 2008 fand er seine neue berufliche Bestimmung: Nachdem Frank bereits 1998 als damals 16-Jähriger das Echt-Video zu „Fort von mir“ drehte, führte er bei Bosses Clip zu „Tanz mit mir“ Regie. Seitdem schreibt, dreht, verantwortet und produziert Kim Frank Musikvideos für zum Beispiel Johannes Oerding, Fehlfarben, Adel Tawil, Andreas Bourani, Mark Forster, Revolverheld, Udo Lindenberg und Jochen Distelmeyer. 2018 wurde sein erster Spielfilm „Wach“ im ZDF und auf YouTube ausgestrahlt. Nebenbei verdingt er sich als Synchronsprecher.

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Was Echts Mitglieder heute machen – und wie es um eine Reunion steht

Auch die Karriere von Echt-Schlagzeuger Florian Sump blieb eine musikalische, wenn auch über Umwege: Nach einigen Gelegenheitsjobs wurde er 2008 Erzieher in einem Hamburger Kindergarten. Musik machte er unter dem Pseudonym Jim Pansen nebenbei. 2012 gründete Sump als Rapper mit Markus Pauli und Lukas Nimscheck (Tigerenten-Cub) die Band Deine Freunde. Gemeinsam veröffentlichten sie bisher vier Alben und zählen mit ihrem kinderfreundlichen, aber nicht anspruchslosen HipHop zu den Stars deutschsprachiger Kindermusik – weil Texte und Musik auch den Eltern gefallen. Im November erscheint ihre fünfte Platte HELIKOPTER, im Februar 2020 gehen Deine Freunde damit auf Deutschlandtour.

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Und die anderen?

Bassist Andreas Puffpaff besitzt ein Produktionsstudio in Flensburg, das unter anderem Filme, Flyer, Musikvideos und Grafiken konzipiert und produziert. Auch die Homepage von Deine Freunde hat Puffpaff gestaltet und programmiert. Gitarrist Kai Fischer hat laut Stylebook.de, die wiederum einen 2007 in DIE ZEIT erschienenen Text über Echt von „Crazy“-Autor Benjamin Lebert zitieren, eine Schneiderlehre absolviert und sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Unsere Nachfrage blieb bisher unbeantwortet.

Keyboarder Gunnar Astrup leitet nach einem Volontariat und einigen gesammelten Jahren Berufserfahrung die Musikredaktion des Radiosenders Rock Antenne Hamburg. Im auf deren Homepage veröffentlichten Steckbrief nennt Astrup Radioheads „Creep“ als besten Rocksong aller Zeiten. Wir fühlen uns bestätigt: Echt standen schon immer auf der guten Seite.

Ach so, falls jemand fragt: Eine Reunion gilt wegen ihrer Werdegänge als sehr unwahrscheinlich. Die Hoffnung darauf keimte kurz auf, als Kim Frank am 18. September 2018 ein Foto auf Instagram postete, auf dem die Mitglieder von Echt wieder vereint waren. Tatsächlich trafen sie sich „nur“ für die Premiere von Franks Film „Wach“.

https://www.instagram.com/p/Bn3ft4VBN1u/

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