Interview

Ex-Liquido-Sänger Wolfgang Schrödl im Interview: „Von ‚Narcotic‘ kann ich bis heute leben“


Wir sprachen mit Wolfgang Schrödl Ende Februar, also noch vor Ausbruch der Coronakrise, über reizlose Rockmusik, reizvollen Electro Pop, den weltweiten Erfolg von „Narcotic“ und über eine mögliche Livereunion von Liquido.

Ihr habt euch also nicht aufgelöst, weil einfach nichts mehr ging?

Es lief kommerziell gut. Wir waren viel gebucht und haben überall gespielt. Europaweit hätten wir 200 Shows pro Jahr spielen können, 100 waren es. Der wahre Trennungsgrund war der gleiche wie bei so vielen anderen Bands: Wir haben uns „zwischenmenschlich auseinander entwickelt“.

Man muss sich ja schon überlegen, mit wem man zwei Wochen Urlaub aushält.

Absolut. Wir waren uns einig, dass wir uns besser kennen als unsere Freundinnen uns jeweils kennen. Die sahen wir seltener. Das führte zu Komplikationen. Wirtschaftlich fiel die Trennung manchen schwer, weil der Job bis zuletzt gut lief. Aber es ging aus meiner Sicht so nicht weiter. Ich wollte aufhören und halte das bis heute für eine gute Entscheidung.

Was hast du danach gemacht?

Aufgelöst haben wir uns 2008. Ich habe in Berlin Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation studiert. Die hiesige Musikszene stellte sich als Glücksfall heraus. Musik habe ich parallel ständig gemacht. Mit unserem Bassisten Stefan Schulte-Holthaus bin ich immer noch befreundet, wir haben Projekte mit zwei ehemaligen Schulkameraden umgesetzt. Das eine Projekt hieß Cages. Wir haben damit nie etwas veröffentlicht, online ist nichts zu finden. Obwohl mich neulich jemand aus Polen anschrieb, der uns woher auch immer kennt. Cages ging über in eine deutschsprachiges Projekt namens Unter Ferner Liefen. Ist auf Spotify kaum zu finden, habe mich deshalb schon bei der damaligen Plattenfirma beschwert. Das hat alles wirklich Spaß gemacht und tat gerade nach den Liquido-Querelen sehr gut.

Bei den zwei Projekten blieb es aber nicht.

Mit Christian Bachmann, einem befreundeten DJ aus Berlin, trete ich hin und wieder gemeinsam auf. Er macht live die Beats und spielt Geige, ich spiele Gitarre und singe. Heraus kommt ein Set ohne Pause und ohne richtige Songs. Wir hangeln uns von Fragment zu Fragment, Impro im Elektrobereich. Sowas kann ich machen, habe aber auch Musik für Werbung geschrieben.

Skater, Punk, Zecke, Rocker, Popper, Grufti, Öko: Wie man sich in den 90ern seine Szene-Identität selbst basteln konnte