Popkolumne, Folge 114

Superserum und Idiotensprache – Paulas Popwoche im Überblick


Paula Irmschler übers Gendern, „VAX Live“, Gwyneth Paltrow, Mavi Phoenix, Vanessa Carlton, Billie Eilish und Coldplay-Witze.

Mann der Woche: HP

Ein lieber Freund schrieb mir neulich Nacht eine Nachricht: „Falls du das mit HP noch nicht mitbekommen hast, guck heute nicht mehr auf Twitter“. HP? Die Computermarke? Oder die Abkürzung für eine Person, aus unserem Umfeld, die was Unsägliches rausgehauen hat? Was war denn nun wieder, was mit Katastrophen und Toten? Was war ich erleichtert, als sich nach meiner Googlesuche herausstellte, dass mal wieder einfach nur irgendein alter Lümmel was Langweiliges zum Thema „Gendern“ rausgesabbelt hat. H.P. Baxxter findet dann also, wie er in einem Radiointerview zu Protokoll gab, dass „Gendern“ (übrigens gendern wir im Deutschen IMMER, nur halt, wenn alles so bleibt wie es ist, im generischen Maskulinum) zu einer Idiotensprache führt, „Verunglimpfung der Sprache“. Ja, mei. Mein lieber Freund und ich beschlossen, das Gequängele zu ignorieren und in Zukunft weiter zu „Hypsie*er Hypsie*er“ abzuraven.

Vorbei der Woche: Die Pandemie

Mir kann ohnehin niemand mehr was anhaben, ich hab die Impfe, oder wie ich sie nach einer Woche Marvel-Marathon nenne, das SUPER SOLDIER SERUM. Geht mir aus dem Weg!!! Jetzt wird alles gut, jetzt wird wieder draußen auf den öffentlichen Plätzen gebumst!!! In den USA zum Beispiel ist schon alles vorbei. Bei „Global Citizen VAX Live“ wirkt es auf jeden Fall so. Es wird sich erinnert, wie schlimm das damals alles im Lockdown war und wie viel geleistet wurde von medizinischem Personal, Lieferant*innen und Co. J.Lo holt ihre Mutter auf die Bühne, man spricht von Covid in so Vergangenheitsgerede, erinnert sich an die Entwicklung des Impfstoffes und so. Dazu Auftritte von H.E.R. (eh immer super), Eddie Vedder und den Foo Fighters, zwischendrin gibt es aber auch sinnvolle Beiträge, wie als Chrissy Teigen den Anstieg von antiasiatischem Rassismus thematisiert. Aber alles ist auf „Jetzt geht es wieder los“ getrimmt, es werden schon Wunden geleckt, als wäre alles vorbei. Hmmm … Wirkt von den meisten Ländern außerhalb der USA etwas komisch. Apropos: Mein liebster Vorbei-Moment der vergangenen Woche war, als Gwyneth Paltrow gestand, dass sie im Lockdown Brot gegessen habe … Die Reaktionen in den sozialen Medien folgten natürlich prompt. Reiche Leute, sind sie nicht süß?

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Ja, sie sind nicht süß.

Auftritt der Woche: Mavi Phoenix

Was für ein Auftritt, was für ein Comeback, was für ein Song: Mavi Phoenix performte vergangenen Freitag beim ZDF Magazin Royale seinen Song „Nothing Good“ zusammen mit dem RTO Ehrenfeld. Jaaaa! Mit Baby-Pete-Doherty-Look und 2000er-Indie-Mukke mit einem Schuss R’nB scheint sich Mavi nach einer einjährigen Öffentlichkeitspause so wohl zu fühlen wie noch nie und ownt die verdammte Bühne. Mavi, gib Album!!!

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Story der Woche: Vanessa Carlton

Hand hoch, wer nüchtern behauptet, von dem Lied genervt zu sein, nur um es besoffen (von Alkohol oder Liebe/Liebeskummer) dann doch zu gröhlen. „A Thousand Miles“ von Vanessa Carlton erschien Anfang 2002 und war sofort ikonisch. Die Melodie, das dazugehörige Piano-Video, die Interpretation von Terry Crews im Film „White Chicks“ – alle kennen es und haben eine starke Meinung dazu. Nun wurde von „Vice“ nochmal die Story hinter dem Song aufgedrieselt, vom Schreibprozess, der Produktion von einem „Interlude“ zum jetzt bekannten Popstück, über das Nervpotential für Carlton selbst – und natürlich wird auch das Dilemma eines One Hit Wonders erzählt, zwischen Reduktion und Dankbarkeit. Denn das passiert immer mit diesen Überhits: Sie gehören den Künstler*innen nicht mehr und das bringt Gutes und Schlechtes. Aber Carlton scheint ihren Frieden mit „A Thousand Miles“ gemacht zu haben – und im Übrigen noch eine Menge anderer Songs, die man sich unbedingt auch mal zu Gemüte führen sollte.

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Danke der Woche: Billie Eilish

Ich habe es hier schon ein paar mal gesagt, aber ich sage es wieder: Ich wünschte, es hätte zu meiner Teeniezeit Billie Eilish oder jemand Ähnliches gegeben. Gab es bestimmt, war nur nicht berühmt genug, um mich und andere zu erreichen. In meiner Teeniezeit gab es das „Phänomen“, von dem mir auch viele jetzt erwachsene Freund*innen erzählen natürlich auch schon: Man nennt es heute Grooming, aber damals hatten wir keinen Begriff dafür. Es war normal, dass sich ältere oder viel ältere Typen an uns ranschmissen, ob auf der Straße, im sozialen Umfeld oder in Chatforen. Es wurde was von Liebe gelabert, damit es Sex gibt – oder was diese Würste unter Sex verstanden. Uns wurde ja schon früh beigebracht, dass uns vor allem die Aufmerksamkeit von Jungs und Männern aufwertet, und wenn es dann noch Ältere sind, dann Jackpot: Dann mussten wir wohl ganz besonders wertvoll sein. Ich erinnere mich an Klassenkameradinnen, mit „Freunden“ in ihren Zwanzigern, während sie selbst zwischen 13 und 16 Jahre alt waren. Und auch ich hatte so ein Arschloch in meinem Leben und habe viel zu lange nicht gecheckt, was das alles kaputtgemacht hat. Und dann kommt Billie Eilish viele Jahre später und macht einen Song darüber.

„Your Power“ handelt von schiefen Macht- und Erfahrungsverhältnissen in Beziehungen und entwaffnet nebenbei noch die klassischen Ausreden, „And you swear you didn’t know / No wonder why you didn’t ask“. Natürlich fragen sie nie, haben sie nie, sie wissen es natürlich, man kann es nicht nicht wissen. Und dann: „Will you only feel bad if it turns out that they kill your contract?“ – Ja. Und viel zu viele Typen müssen sich um ihre Position gar keine Gedanken machen, weil die Opfer keine Plattform haben, weil dieses Verhalten so normalisiert ist, dass es keine Konsequenzen haben wird oder weil es eben all diese Ausreden gibt. Zumindest wird über das Thema endlichendlich gesprochen, auch Dank Billie.

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Schlechte Coldplay-Witze der Woche

Ja, ich bin hier im Dorf der größte Coldplay-Fan, also mache ich das selbstlos für euch. Die haben ihre aktuelle Single „Higher Power“ nämlich im Weltall Premiere feiern lassen, und zwar auf der Internationalen Raumstation ISS.Hier schenke ich euch ein paar Witze dazu:

  • Coldplay? Die wollte ich schon immer mal auf den Mond schießen
  • So sind Coldplay wenigstens einmal nicht unterirdisch
  • Sie wollen bestimmt an ihren einen guten Song erinnern: „Look at the stars, look how they shine for you“ …
  • Das Video ist ja ein richtiges Holo-Festival
  • Iron Man, aktiviere Ultron!

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Mine, Monster-Trash, Memes und meine Mutter: Linus Volkmanns Popwoche im Überblick

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