Meinung

Der ‚ECHO‘ schafft sich ab: Endlich eine richtige Entscheidung


Der 'ECHO' ist Geschichte. Doch wie bei allem, was ein Ende hat, geht es nun vor allem um eine vernünftige Aufarbeitung und einen ernst gemeinten Neuanfang.

Man muss direkt zu Beginn ehrlich sein: Es ist eine Menge Genugtuung im Spiel. Jahrelang zeigte man dem Monolith Echo und dem darum kreisenden Meteoritengürtel aus BVMI, Universal und Co. auf, was da alles schief läuft bei „einem der wichtigsten und renommiertesten Musikawards der Welt“.

Was wir uns vom ECHO-Nachfolger wünschen
Die Resonanz war oftmals gleich null – wobei: In diesem Jahr erbarmten sich die für die Facebook-Seite des Echo Verantwortlichen dazu, direkt auf Kritik unsererseits einzugehen. Dass sie darunter jedoch verstanden, auf ihre hanebüchenen AGB zu verweisen und jegliche inhaltliche Diskussion mit einem gezwungenem, vermutlich jugendlich wirkenden „There’s always room for improvement“ abzuspeisen, bewies eigentlich nur einmal mehr die Ignoranz der Musikbranchenobersten, an denen sie dieser Tage erstickten.

ECHO 2018: An Dummheit nicht zu überbieten

Der ECHO wird abgeschafft
Es benötigte also ein, zwei Gangsta-Rap-Zeilen, die von einer großen deutschen Boulevardzeitung auf einer Limited-Edition des Albums JUNG, BRUTAL, GUTAUSSEHEND 3 von Kollegah & Farid Bang ausgekramt wurden, um eine Diskussion über Xenophobie und Moral loszutreten, die den Echo dermaßen in Bedrängnis brachte, das er sich durch katastrophale Entscheidungen nur noch weiter selbst demontierte: Diesen beiden geschmacksbefreiten Rappern den Preis fürs Beste HipHop-Album zu überreichen, konnten die Echo-Verantwortlichen einmal mehr mit den innig geliebten AGB verteidigen, schließlich war der Echo stets eine Veranstaltung, in der Konsum und nicht Klasse ausgezeichnet wurde. Diesen beiden – unabhängig vom Genre des Gangsta-Rap – Hass und Stereotypen predigenden Personen auch noch in einer live im deutschen TV ausgestrahlten Gala vier Minuten Raum für Muskelspiele zu geben, nebenbei am jüdischen Holocaust-Gedenktag, war an schlichter Dummheit nicht zu überbieten.

Im Ausland wird das ECHO-Aus nicht auffallen

Helene Fischer bricht ihr ECHO-Schweigen: „Kollegah und Farid Bang auftreten und ihre Show machen zu lassen, fand ich persönlich bedrückend“
Der Echo hat sich mit dieser Kette an Fehlentscheidungen nicht nur – wie beinahe jedes Jahr – ins eigene Fleisch geschnitten, sondern sich in eine anscheinend ausweglose Lage gebracht. Die Veranstaltung war in ihrer existenten Form schon lange nicht mehr tragbar, indem sich nun Echo-Gesichter wie Marius Müller-Westernhagen, Peter Maffay und sogar „Volks“-Helene Fischer gegen die Ereignisse positionierten, verlor der stets um Glamour bemühte Echo vollends seine Statik. Mit seiner eigenen Abschaffung hat der Echo nun wenigstens eine gute Entscheidung getroffen – die erste seit sehr langer Zeit.

Was wird nun bleiben vom Echo? Wahrlich nicht viel. Er war nie eine Veranstaltung, die durch extravagante Live-Auftritte oder prominentes Schaulaufen zu verzücken wusste. Er wird Personen außerhalb Deutschlands wahrscheinlich nicht einmal ein Begriff sein, kreisten doch sogar die Gesprächsthemen der vergangenen Ausgaben stets um urdeutsche Themen wie Heimat, Nazis und Kapitalismus (Marx wäre sicher ein Echo-Gegner gewesen).

Doch der austragende BVMI, der Bundesverband Musikindustrie, möchte nicht auf Schulterklopfer, Schnittchen und Gratis-Schampus verzichten. Ein neuer Preis, indem die ominöse, kaum einflussnehmende Fachjury größere Kompetenz erhält, ist bereits in Planung. Dann wird sich zeigen, ob Deutschlands Musikbranche – Musikkritiker eingeschlossen – endlich für eine geschmackvolle Veranstaltung sorgen kann, die dem „drittgrößter Musikmarkt der Welt“ angemessen ist – oder ob Deutschlands Geschmack durch über 20 Jahre Echo so verkorkst ist, dass Ed Sheeran wieder fürs beste Album des Jahres ausgezeichnet wird.