Meinung

Deshalb ist Lana Del Rey jetzt relevanter denn je


Lana Del Rey ist mehr als nur eine Kunstfigur. Sie ist eine ernst zu nehmende Persönlichkeit, die sich mit der aktuellen Politik, der Gesellschaft und mit sich selbst auf eine Weise auseinandersetzt, wie es sonst keine*r kann. Hier kommen gleich 5 Gründe, warum wir alle mehr Lana in unserem Leben brauchen.

Das Jetzt ist ein ziemliches Wirrwarr. Wer hätte gedacht, dass 2020 so wird, wie es genau in diesem Moment ist? Wer hätte an diese Portion Drama im Alltag geglaubt? Also ich nicht. Und in den Zeiten, die so irre sind, brauche ich Halt. Genau diesen gibt Lana Del Rey. Auf eine Weise, wie es niemand sonst kann. Aus diesen fünf Gründen brauchen wir alle gerade mehr Lana in unserem Leben:

1. Mehr Vielfalt und Hoffnung

Seit ihrem Debütalbum BORN TO DIE im Jahr 2012 ist Lana Del Rey aus Pop- und Internet-Kultur kaum mehr wegzudenken. Ob satirisch überhöht oder als düsterer Kontrast zur amerikanischen Utopie: Kaum eine Künstlerin bündelt das Lebensgefühl der Millennials so gekonnt wie sie. Vollgepackt mit Metaphern und Verweisen auf Pop und Literatur erkundet Del Reys Musik ihren eigenen Traum der USA – oder was davon noch übrig ist. Ihr Amerika ist Paradies und Hölle gleichermaßen, hoffnungslos romantisch, zutiefst dunkel, mehr Mensch als nur ein Ort: Eine Vorstadthausfrau in den 1950ern, ein Star aus Old Hollywood, Lolita, Diva, Madonna, Groupie, stets unglücklich verliebt in ältere Männer. Die Protagonistinnen ihrer Songs finden Schönheit in der Tragödie, Liebe in Gewalt, Sucht und Zerstörung, Sinn im frühzeitigen Tod. Gleichzeitig gibt es aber auch viel Hoffnung, den Glauben an eine bessere Zukunft und den ewigen Wunsch nach Frieden.

Lana Del Rey weist Kritik zurück, ihre Musik „verherrliche Missbrauch“ und kündigt Album an
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2. Lana Del Rey lässt die Menschen glänzen

Ihre oftmals selbstzerstörerisch inszenierten Songtexte kommen nicht von irgendwoher. Nachdem sie in ihrer Jugend selbst mit Alkoholproblemen zu kämpfen hatte, arbeitete Elizabeth ‚Lizzy‘ Grant, wie die Künstlerin bürgerlich heißt, für mehrere Jahre als Sozialarbeiterin in Obdachlosenheimen und Rehabilitationszentren für Alkoholiker*innen und Drogenabhängige, setzte sich hautnah mit den Thematiken ihrer Lieder auseinander. Schließlich erschuf Grant nach den ersten Ausflügen in die Musikwelt ihr Alter Ego, die Kunstfigur Lana Del Rey. Und obwohl diese zunächst von Kritiker*innen als unauthentisch charakterisiert wurde, mauserte sie sich in den folgenden Jahren zu einer Musik- und Stilikone, feierte ihren überästhetisierten Entwurf des amerikanischen Lebensgefühls. Die Basis ist ihr Erlebtes, das sie auch mal stereotypisiert, das sie glänzen lässt und so auch andere Menschen zu etwas viel Größerem erhebt.

Bruce Springsteen feiert Lana Del Rey als „eine der besten Songwriterinnen“ der USA
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3. Sie reflektiert und kritisiert das aktuelle Amerika wie keine andere

Diesem von ihr so geförderten amerikanischen Lebensgefühl wird jedoch angesichts der anstehenden US-Präsidentschaftswahl ein ganz neuer Stellenwert zuteil. In Zeiten des zunehmend aggressivem Nationalismus scheint Lana Del Reys Amerika verherrlichende Ästhetik irgendwie fehl am Platz, gar unangebracht. Die einst so modische Rückwärtsgewandtheit ist out, stattdessen setzt man auf kulturelle Reflexion und Kritik. Bislang politisch neutral bis konservativ geprägt, hinterfragt Del Rey in ihren neuen Alben NORMAN FUCKING ROCKWELL! (2019) und LUST FOR LIFE (2017) so zunehmend Amerikas patriotische Ideale, setzt sich mit aktuellen gesellschaftspolitischen Thematiken auseinander. So kritisiert sie offen Donald Trumps Politik und die zunehmende Gewaltbereitschaft der Bevölkerung: „If there wasn’t a time for protest music, there absolutely is now“. Auch Kanye West bekommt nach der Wahlkampfunterstützung Trumps sein Fett weg, wird von ihr als größenwahnsinnig und narzisstisch bezeichnet.

Lana Del Rey singt neuen Song bei LGBTQ-Wohltätigkeitskonzert
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4. Für Veränderung statt Stagnation

Während bei ihren Konzerten jahrelang die amerikanische Flagge gehisst wurde, gab sie zu Beginn der Trump-Ära bekannt, darauf in Zukunft verzichten zu wollen. Zudem erweiterte die Sängerin nicht nur ihren musikalischen, sondern auch ihren lyrischen Horizont. So klingen LUST FOR LIFE (2017) und NORMAN FUCKING ROCKWELL (2019) zwar immer noch melancholisch (ansonsten wären es ja keine Lana-Platten), aber weit abgeklärter und politischer als ihre Vorgänger. Während „Looking for America“ gegen Waffengewalt in den USA plädierte, „God Bless America – And All The Beautiful Women In It“ zur Hymne der ‚Women’s Marches‘ aufstieg und „Coachella – Woodstock In My Mind“ Del Reys Sorgen hinsichtlich eines Atomkriegs zum Ausdruck brachte, fasste „The Greatest“ ihr allgemeines Gegenwartsgefühl wohl am besten zusammen: „The culture is lit, and if this is it‚ I had a ball / I guess that I’m burned out after all.“

Die Sängerin sehnt sich nach einer nicht allzu fernen Vergangenheit, singt von Hilflosigkeit und Überstimulation der Generation Instagram. Doch zurück auf Anfang, hin zum Eskapismus? Nur bedingt. Es wird vermittelt, dass man sich in diesem depressiven Zwischenzustand nicht ein ganzes Leben einrichten, sondern, wie in ihrem 2017er-Stück „Change“, sich bereit für Veränderungen machen muss. In NORMAN FUCKING ROCKWELL konstatiert sie: Hope is a dangerous thing for a woman like me to have…but I have it.” Sie ist genau jetzt so relevant, weil sie jedem klar macht: Stagnation ist keine Option, es muss weitergehen. Aber zugleich sind wir alle nicht nur melancholisch, romantisch, meinungsstark oder auch wütend. Wir sind alles auf einmal. Und wer genauer hinschaut, wer sich auf die Reise zu sich selbst macht, wird viel über sich lernen. Und auch über andere. Schon ziemlich gut, oder?

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5. Die Nahbare

Auch Lana Del Reys äußeres Erscheinungsbild hat sich verändert. Zu Beginn ihrer Karriere noch extrem künstlich, mit starkem Make-up, extravaganten Outfits und Frisuren, sieht man sie jetzt in verwaschenen Jeans und weißem Shirt, fast ungeschminkt: die Musik steht im Vordergrund. Keine Spur mehr von der früheren Überästhetisierung, Lanas Unnahbarkeit und der inszenierten, absoluten Perfektion ihrer selbst. Sie will kein Kunstprodukt sein, sondern eine in Gänze ernst zu nehmende Persönlichkeit. Man darf gespannt sein auf ihre weitere Entwicklung. Ich werde in jedem Fall dabei sein wollen, von ihr in neue Welten geleitet werden und so mehr über ihre Welt, die gesamte Welt und schließlich auch mich erfahren.

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Lana Del Rey, 1985 im US-Bundesstart New York geboren, startete ihre Musikkarriere Mitte der 2000er-Jahre. Zwischen 2005 und 2006 nahm sie unter dem Pseudonym May Jailer das Album SIRENS auf, 2010 folgte LANA DEL RAY A.K.A LIZZY GRANT unter dem Namen Lizzy Grant. Ein Jahr später wurde sie mit dem Song „Video Games“ berühmt, den sie im September 2011 auf YouTube veröffentlichte. Mittlerweile wurde der Clip über 239 Millionen Mal angesehen. Ihr Studioalbum BORN TO DIE erschien 2012 und war eines der verkaufsstärksten Alben des Jahres. 2014 wurde der Nachfolger unter dem Namen ULTRAVIOLENCE veröffentlicht, 2015 folgte HONEYMOON, 2017 LUST FOR LIFE.

Lana Del Reys jüngstes Album NORMAN FUCKING ROCKWELL! erschien 2019 und wurde vom Musikexpress mit 5 von 6 möglichen Sternen bewertet. ME-Redakteur schrieb passend dazu: „Manchmal hilft Namedropping, um Dinge zu erklären. Wenn Lana Del Rey also (in einem Song) von Kanye West und von Dennis Wilson erzählt und im nächsten von Crosby, Stills & Nash, dann umreißt das dieses Album gut. Kontemporärer Pop-Größenwahn trifft auf Stimmungen, die aus dem Golden Age of Pop importiert zu sein scheinen. Dazu kommt eine gute Dosis jenes süßen Gifts, das bisher alle ihre Platten prägte; ein zähflüssiger Sirup, angerührt aus dem Sand der Pazifikküste, einigen steifen Drinks und einem diffusen, sexuell aufgeladenen Hollywood-Hills-Feeling.“

NORMAN FUCKING ROCKWELL! im Stream:

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